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Der Achilles Track Club New York - ein Club der besonderen Art - die Idee von Dick Traum

Der Achilles Track Club ist ein Club der besonderen Art. Man muß die Geschichte seiner Entwicklung lesen, um zu verstehen, was dieser Verein darstellt  und daß er Vorbildliches für seine Mitmenschen, den Sport und die Athleten leistet. Er sollte Vorbild für viele andere Organisationen sein.

Unterzeichner beteiligte sich 1984 am New York City Marathon mit einem gebrochenem Arm, der in einer Gipsmanschette ruhte. Etwas skurril mutete die Situation an, als man etwa 90 Minuten nach dem Start in der Bronx plötzlich Läufer überholte, die ihre Beine in Gips trugen - das zweifelte man an seinen eigenen läuferischen Fähigkeiten. Allerdings gehörten diese Läufer zum Achilles Track Club, die schon einige Stunden vor dem Feld auf die Strecken gehen durften.

Lesen Sie im folgenden den Bericht von Toby Tanser über die Entwicklung und die Geschichte des Achilles Track Club - und vielleicht werden Sie auch einmal als Helfer für einen Einsatz benötigt.

Horst Milde

Der Achilles Track Club ist eine Idee von Dick Traum. Traum ist selber ein Sportler, der oberhalb des Knies amputiert ist. Als junger gesunder Mann ist er im Mai 1965 an einer Tankstelle von einem Auto gerammt worden.

Im Krankenhaus liegend erinnert er sich an ein altes Zitat: „Du solltest Dich schämen zu sterben, bevor Du nicht einen Sieg für die Menschheit errungen hast.” (Horace Mann). Es hat sich gezeigt, dass das ein Unfall war, der das Leben vieler Menschen verbessert hat. Auf ungewöhnliche Weise war sein Unglück ein Triumph für die Menschheit.

Als erfolgreicher New York City Businessman merkte Traum in seiner Lebensmitte, dass er kein größeres Apartment, mehr Geld oder ein schickeres Auto benötigte. Er benötigte etwas anderes, etwas nicht mit der materiellen Welt greifbares. Ein Element fehlte ihm in seinem Leben.

Dicklicher Mann

Der Tot eines Geschäftskollegen 1975 ließ Traum sich selber betrachten. Was er sah, war ein körperlich außer Form befindlicher, dicklicher Mann. Auf Rat eines Freundes besuchte  er einen Fitnesskurs eines New Yorker YMCA (CVJA). Innerhalb eines Jahres war Traum, eine bekennende „Typ A“-Persönlichkeit, Mitglied des Sport- und Fitnessausschusses des YMCA. Das war im Jahr 1976, als der Amerikaner Frank Shorter olympisches Marathon-Gold in München und Silber in Montreal gewonnen hatte und die USA in einen wahren Laufboom, mit New York an der Spitze der Bewegung, führte.

Kurz nach seinem allerersten Wettkampf, einem 5-Meilen-Rennen, dass er in 72:49 Minuten absolvierte, wurde Traum vom ansteckenden Marathonvirus infiziert. 1976 wurde er der erste Amputierte überhaupt, der einen Marathon erfolgreich absolvierte. Dabei musste er sogar noch mindestens eine zusätzliche Meile auf Umwegen zurücklegen, da er das Rennen aufnahm bevor die Streckenposten anwesend und die Strecke frei war. Seine Zeit von 7:24 Stunden unterstreicht seine außergewöhnliche Leistung. Außergewöhnlich war auch das Medieninteresse an seinem Lauf.

Jim Fixx, der Autor des ersten Laufbestsellers ‚The complete book of running’ lief mit Traum, um das Ereignis mitzuerleben. Ein Jahr später sah ein 18-jähriger ein Bild von Traum in ‚Runner’s World’  - ein Erlebnis, dass die Welt bewegen sollte.

Terry Fox

Terry Fox war ein junger kanadischer Sportler, als ihn Knieschmerzen plagten. Tests bewiesen, dass er an Knochenkrebs litt und eine Amputation die einzige Chance war, sein Leben zu retten. Fox entschloss sich durch Kanada zu laufen, um Knochenkrebs der Öffentlichkeit nahe zu bringen und Geld für den Kampf gegen die Krankheit zu sammeln. Fox absolvierte 3.000 der 5.000 Meilen bevor er verstarb, während die Erinnerung an ihn weiterlebt.

Eine Serie von Gedächtnisläufen in Kanada wurden für den Herbst 1981 geplant, zu denen Dick Traum als Sprecher und Ehrengast der Events eingeladen wurde. Sie hätten dafür keinen besseren Mann finden können. Nach einem kurzen TV-Aufruf von ihm wurden $ 17.000 gespendet. Auf einmal war das Laufen von Behinderten auf den Titelseiten. Bis heute, fast ein Vierteljahrhundert später, wurden mehr als $ 360.0 Millionen weltweit in Terry’s Namen für die Krebsforschung gesammelt.

New York Road Runners Club

Zu dieser Zeit waren beim New York Road Runners Club große Veränderungen im Gange. Großen Anteil daran hatte Traum, der damals auch Mitglied des Aufsichtsrats war. Traum hatte ein Gebäude in der Nähe der Fifth Avenue entdeckt, dass der Club, finanziell am Rande der Existenz, seiner Meinung nach erwerben sollte, um es als Hauptsitz zu nutzen. Der Club überlebte damals in einem winzigen Büro eines YMCA und versuchte die Aufgaben zwischen einem Berg von Kartons zu bewältigen, ohne die Vision einer wachsenden Organisation zu haben. Ein eigenes Gebäude könnte als Treffpunkt dienen, eine Zentrale sein, wo Läufer zum Laufen und zum Interessensaustausch kommen könnten.

Mit der Zielsetzung ein vielfältiges Programm von Laufkursen in der Stadt anzubieten, erwog Traum auch die Absicht, einen 8-wöchigen Kurs für behinderte Athleten anzubieten.

Fred Lebow

Fred Lebow gab sein Einverständnis Werbe-Flyer drucken zu lassen, und Traum schrieb 1.100 Briefe an NYRR Mitglieder, die im medizinischen Bereichen tätig waren, mit der Bitte, jeden Interessierten mitzubringen. Ein ortsansässiger Trainer und berühmter Buchautor, Bob Glover, bot an, das Training umsonst zu leiten. Lebow sagte: “Wenn auch nur 3 Leute erscheinen, ist es ein Erfolg.“

Zwei Teilnehmer kamen zum Kurs am 10. November 1982. Fred Lebow freute sich: “Es ist trotzdem ein Erfolg!“ Obwohl die Anzahl der Teilnehmer etwas ernüchternd war, war die Idee einen Club für die Behinderten zu gründen bei Traum angekommen.

Der Name wurde von Glover ausgesucht, der eine Vorliebe für griechische Mythologie hatte. Bei einem seiner  Vorträge in einem Restaurant an der Upper East Side witzelte Traum: “Es hat mir einfach gereicht, immer als letzter ins Ziel zu kommen, und ich dachte mir, dass ich einen Club mit anderen Behinderten gründen müsste, damit ich nicht immer als letzter zu Hause bin!“

ATC

Daraufhin wurde der Achilles Track Club (ATC) 1983 mit der Absicht gegründet, Behinderte zu ermutigen am Langstreckenlauf mit der Allgemeinheit teilzunehmen. Traum sagt: “Die Leute sagen, dass wir sie begeistern. Das ist nett, aber wir wollen sie gar nicht begeistern - das nervt ein bisschen.“

Er ist ein bescheidener Mann, der jedoch zugeben muss, dass er das Leben von Tausenden von Menschen verändert hat. In seinem Buch, ‚A Victory for Humanity’ (‚Ein Sieg für die Menschheit’), erinnert er sich, wie er einem einbeinigen Puerto Ricaner geholfen hat, innerhalb eines halben Jahres den weiten Weg weg von einem Drogenhändlerdasein im Frühjahr in Manhattan zum Treffen mit dem Präsidenten Ronald Reagan im Weißen Haus im Rahmen einer Marathon-Feier im November zu beschreiten; oder wie er es arrangiert hat, einem Läufer aus Trinidad das Augenlicht wieder zu geben, das er 15 Jahre zuvor verloren hatte.

Das ist der Club der Wunder. Im Achilles Club passiert etwas. 1985 hatte der Club bereits 65 Mitglieder und wuchs weiter. Heute hat der New Yorker Teil über 500 Mitglieder.

Eine allgemeine Aussage, die allzu wahr ist, ist dass das Betrachten einer behinderten Person, die sportliche Erfolge erzielt, dem Betrachter vor Augen führt, “Wenn die das können, welche Ausrede habe ich es nicht zu tun?”. Wenn die Busse die Marathonläufer am Marathonmorgen über die Verazzano-Narrows nach Staten Island transportieren, steht die Sonne normalerweise auf der Höhe der Hängebrücke, und der Dunst verfliegt zu Gunsten eines typisch sonnigen New Yorker Novembertages. Wenn man das Glück hat in einem der letzten Busse zu sitzen, kann man den Start der Behinderten beobachten. Einige Stunden vor dem Hauptfeld werden die Behinderten mit einem offiziellen Frühstart auf die Strecke geschickt.

Der Anblick der Gesichter der Athleten, manche querschnittsgelähmt, manche auf Krücken, andere blind und trotzalledem im Optimismus und der Freude vereint, bringt Tränen in die Augen der hartherzigsten Beobachter.

Blinde Achilles-Läuferin

Ivonne Mosquera, eine blinde Achilles-Läuferin, spricht darüber, warum ihr der Club soviel bedeutet: “Achilles hat es mir ermöglicht, soviel über das Laufen und dadurch über einen gesunden Lebensstil zu lernen. Ich habe dadurch die Chance bekommen, die Natur während des Laufens oder Gehens zu genießen und soviele Menschen mit den unterschiedlichsten Herkünften kennen zulernen. Dadurch habe ich auch die Gelegenheit mit Leuten zu laufen, die stärker, schneller oder sogar diszipliniertere Läufer sind als ich.“ Man kann Mosquera immer mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht im Central Park laufen sehen. Sie unterstützt den Achilles Club, indem Sie deren NYC Magazin redaktionell berät. Sie fährt fort: “Es ist für mich eine Ehre dem Achilles Club beigetreten zu sein, da ich dort viele wundervolle Menschen getroffen habe, die Ihre freie Zeit und Energie opfern, um mit mir zu laufen.“

Fantastischen Leistungen für wenig Geld

Die Geschichte des Achilles Clubs ist die von fantastischen Leistungen für wenig Geld. Es gibt unheimlich viele gute Leute, die ihre Zeit und ihr Geld geben, um anderen zu helfen, und das in der Mitte von New York City. Ärzte, die Plastikbeine zur Verfügung stellen, Augenärzte, die freie Behandlungen anbieten und andere, die nur helfen, weil sie wissen, dass sie helfen können. Eine solche Person, die sich sein ganzes Arbeitsleben lang dem Achilles Club gewidmet hat, ist Chris Stewart, ein britischer Champion, der zweimal 3. beim New York Marathon war und eine persönliche Bestzeit von 2:13 hat. Stewart bereiste die Welt und kann Geschichten vom Training mit den Tamal Tigern in Sri Lanka oder auch vom Kugelhagel in Bosnien erzählen; die Medaillen, die er erwähnt sind nicht die, die er für seine sportlichen Leistungen erhalten hat, sondern die von den Vereinten Nationen für seine humanitäre Arbeit. Wenn man ein Herz hat dass schlägt, dann ermutigt er einen Berge zu erklimmen.

Georg Hirsch

„Egal wie man mit dem Achilles Club zu tun hat—ich war einmal ein Laufbegleiter – es ist eine begeisternde Erfahrung für alle. Wahrlich eine wundervolle Sache, die dort gemacht wurde und wird.“ fügt  Georg Hirsch berühmter Herausgeber von RUNNERS WORLD hinzu.

Mannschaftstraining

Der Laufsport gibt einem soviel Kraft; nur ein Bein zu haben oder nur ein Arm benutzen zu können macht die Aktivität nicht weniger lohnend. Zweimal die Woche trifft sich eine große Gruppe von Achilles Läufern zum Mannschaftstraining vor den Toren des New Yorker Central Parks, genau wie irgendein anderes New Yorker Sport-Team auch. Ken Trush, der die Unternehmungen der New Yorker Gruppe leitet, erzählt: “Achilles bedeutet für mich Hindernisse zu beseitigen, Selbstbewußtsein aufzubauen und Ziele zu erreichen. Ich habe miterlebt, wie sehr sich Menschen (Athleten und ehrenamtliche Helfer) durch diese Organisation verändert haben.“ Die Helfer sind genauso inspiriert wie die Athleten selber. Den Athleten zu helfen ist eine Belohnung für sich, stellt Michael Konstalid fest:

“Als Physiotherapie-Student bin ich stolz darauf, Leuten zu helfen, sich über ihr Können und nicht über das, was sie nicht können, zu definieren.“ Auch Michael Margulies, ein professioneller Krafttrainer, gibt zu: “Ich trainiere nur für einen Marathon, um einen blinden Läufer in einem Marathon führen zu können - so sehr inspirieren mich die Achilles Sportler.“ Selbst Stars wie Mariel Hemingway und Candice Bergen waren ehrenamtliche Helfer bei Achilles. Candice ist es bis heute.

"Der Achilles ist ein Club zu dem die meisten Menschen kommen die unfähig sind zu laufen oder höchstens einige Schritte zu gehen und jetzt sind sie in der Lage einige Meilen zu laufen oder zu laufen“ fügt sie hinzu.

 

Immer nach weiteren Herausforderungen  suchen

Obwohl Traum viele Pionierrekorde aufgestellt hat, haben die Leute, die er trainiert und begeistert hat, längst seine Bestzeiten verbessert. Das ist eigentlich auch ein Ansporn für Traum und Beweis dafür, das sich die ganzen Meilen, die er im Park gelaufen ist, gelohnt haben. Dick hört nie auf, nach weiteren Herausforderungen zu suchen. Er ist immer noch Präsident des Achilles Club und nicht nur ein Marathonläufer, sondern sogar inzwischen ein Ultraläufer geworden, nachdem er einen 100 km Lauf in Polen erfolgreich absolviert hat. Dies ist eine der Belohnungen, die Traum durch den Club zurückbekommt: Den eigenen Antrieb das scheinbar Unmögliche zu versuchen und es zu erreichen.

Die Wunder mit eigenen Augen ansehen

Der Achilles Club beschreibt sich selbst als eine internationale, gemeinnützige Organisation, die Läufern aller Leistungsklassen Unterstützung, Training und technisches Fachwissen bietet. Wenn Sie in New York sind, sollten Sie in den Central Park kommen und sich eine Stunde unsere Trainingseinheiten angucken. Sehen Sie die Wunder mit eigenen Augen und saugen Sie das Besondere an unserem Sport auf. Wenn Sie Willens sind, es zu versuchen, wird es immer jemanden geben, der Ihnen dabei hilft erfolgreich zu sein. Das ist nicht nur die Natur des Achilles Clubs, sondern die der Läufer.

Es gibt inzwischen 40 Gruppen  in den USA und über 110 weitere auf 6 Kontinenten: z.B. in Norwegen, Neuseeland, Mongolei, Dominikanische Republik, Russland, Südafrika, Vietnam und Japan. Die Arme des Achilles reichen weit. In New York City arbeitet der Club eng mit dem Büro der ‘Adaptive Physical Education of the Board of Education’ und der Abteilung ‘Parks and Recreation’ zusammen. Außerdem hilft er weit über 2.000 behinderten Kindern mit Behindertentraining in über 50 öffentlichen Schulen. Die Mitgliedschaft im Achilles Track Club ist gratis und offen für alle Athleten, ob behindert oder nicht.

Toby Tanser

www.achillestrackclub.org

Kontakt/Mitgliedschaft im Achilles Track Club;

Dick Traum,

42 West 38th St, 4th Floor

New York, NY 10018

PS:

Toby Tanser ist im Aufsichtsrat des New York Road Runners Club und des Achilles Track Club. Er lief 1997 den BERLIN-MARATHON in 2:18:02.