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Die Literatur-Nobelpreisträgerin und der Sport

Das Drama Sportstück ist ein starkes Stück über den Sport und

für den Sport. Elfriede Jelinek ist die erste unter zehn

Literatur-Nobelpreisträgerinnen, die sich intensiv mit dem Sport

beschäftigt hat – und zwar durch und durch negativ. Zum Beispiel,

wenn sie sagt: „Knochen brechen, Sehnen reißen, Adern platzen,

Bänder überdehnen, überleben trotzdem irgendwie. Die

menschlichen Körper beim Sport sind Pizzaschachteln oder Wegwerfbecher,

zuerst sind sie schön, und dann sind sie benutzt: vernutzt.“

Elfriede Jelinek weicht einem Massenphänomen nicht

aus

Jelineks Theaterstück, das sich mit dem Sport so kritisch –

überkritisch auseinandersetzt, wurde zuerst im Wiener Burg-Theater

aufgeführt. Da sie den Sport nicht anders behandelt als andere

Lebensbereiche, muss man sich mit ihrer Meinung befassen. Das Stück liest

sich wie ein Lexikon der Bösartigkeiten.

Doch in vielen Beobachtungen des Sportstücks stecken sicherlich auch

Ansätze zu Wahrheiten. Der Nobelpreis für die Österreicherin hat

die Literaturwelt überrascht. Sie gilt als Radikalfeministin. Sie will

allerdings bei dieser Auszeichnung keine Quotenfrau sein. Da sie in ihrer

Heimat oft bekämpft wurde, „ist der Preis keine Blume im Knopfloch

für Österreich“.

Die erste Literatur-Nobelpreisträgerin, die sich in

größerem Stil mit dem Sport beschäftigt

Zumindest ist sie die erste Literatur-Nobelpreisträgerin, die sich in

größerem Stil mit dem Sport beschäftigt. Die anderen haben das

kaum getan. Weder die Schwedin Selma Lagerlöf noch die Norwegerin Sigrid

Undset, weder die Italienerin Garcia Deledda noch die Chilenin Gabriela

Mistral, weder die Amerikanerinnen Pearl S. Buck noch Toni Morrison, weder die

Deutsche Nelly Sachs noch die Südafrikanerin Nardine Gordimer.

Nur die Polin Wislawa Szymborska hat den Sport gestreift. Elfriede Jelinek, die

Zehnte im Bunde, ist oft mit ihrem Landsmann Thomas Bernhard verglichen worden,

dem viele eher den Preis gegönnt hätten. Bei allem, was sie schreibt

– auch über den Sport – will sie nur eines: den Skandal, der

zum Nachdenken anregt.

Beim Sport hat man es mit einem Massenphänomen zu

tun

Vor allem ein Phänomen hat sie offensichtlich am Sport fasziniert:

„Wir haben es beim Sport mit einem Massenphänomen zu tun, unter

dessen Einfluss sich Menschen anders verhalten als sie es sonst tun

würden.“ Doch auch im Sport schlagen bei ihr Witz und Humor

durch:

„Zum Zeichen, dass er als einziger ehrlich ist, läuft er

haargenau so schnell wie seine Stoppuhr anzeigt.“

In einem Interview vor einiger Zeit gab sie sich moderater als in ihrem

Sportstück. Sie gibt an, dass sie in ihrer Kindheit und Jugend gern Ski

gelaufen ist. Sie habe eigentlich nichts gegen den Sport, „allerdings

etwas gegen die Vergötzung körperlicher und die Verachtung geistiger

Leistung“.

Höchstleistungen in der Leichtathletik hält sie ohne Doping

kam noch für möglich.

Wie frei ist der Mensch, zum Beispiel im Sport?

Elfriede Jelinek hegt Zweifel: „Wenn man uns einmal freilässt, gehen

wir sofort in den Fitnessclub , wo wir wieder geknechtet und geknetet

werden.“

Quelle:

www.dsb.de