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Freiburg im Marathonfieber

„Sieger ist die Stadt Freiburg“, das war der einhellige Tenor bei

der Siegerehrung des zweiten Freiburg-Marathon auf dem Messegelände vor

den Toren der idyllischen Universitätsstadt im Breisgau. Dies gilt ohne

Wenn und Aber, denn 14 018 Anmeldungen, 8 797 Finisher im Halbmarathon

und 2 912 im Marathonlauf sowie zusätzlichen 251 beim SWR-Projekt „Von

Null auf 42“ über die 30 km-Distanz sprechen für sich, verdeutlichen

aber auch zugleich die Kapazitätsgrenzen für eine überaus sympathische

Veranstaltung. Knapp 100 000 Zuschauer und 42 Bands sorgten auf der

Zwei-Runden-Distanz zwischen dem weitläufigen Messegelände, der

Altstadt und der Dreisampromenade in der Karthäuserstraße für eine

Stimmung, die Freiburg schon bei der zweiten Auflage zu einer der

Großen der Szene macht. „Diese Veranstaltung passt nach Freiburg“ gab

dann auch der Chef der Freiburger Wirtschaftsförderung Dr. Bernd

Dallmann nach überaus respektablen 1:40:50 über die Halbmarathondistanz

eine Steilvorlage an alle Neider, die Freiburg diesen überragenden

Erfolg missgönnen möchten.

„Wir müssen in Freiburg nicht schwarz sehen“, genoss ein sichtlich

gelöster Gernot Weigl als Chef der veranstaltenden Agentur runabout den

Triumph, „ich habe auch keine Schwarzläufer gesehen“. Dies galt

vornehmlich an die Adresse des Badischen Leichtathletik-Verbandes, der

nach der Nichtanmeldung des Freiburg-Marathon als Volks- und

Straßenlauf in keinem Veranstaltungskalender auftaucht und den 14 000

Teilnehmern sogar eine Sperre angedroht, diese aber kurzfristig wieder

zurückgenommen hatte. Der deutsche Halbmarathon-Vizemeister Martin

Beckmann (Leinfelden-Echterdingen) ging sogar so weit, sich beim

Deutschen Leichtathletik-Verband rückzuversichern, um im Falle eines

Starts im Südbadischen keine Sanktionen befürchten zu müssen. Mit dem

„Freifahrtsschein“ im Rücken lieferte Beckmann einen nachhaltigen

Beweis seiner Leistungsfähigkeit als überlegener Sieger in 1:06:39

Stunden ab, ein Tempo, das er wie auch die Frauenerste Jeannette Vrga

(Darmstadt/ 1:18:43) in zwei Wochen beim Hamburg-Marathon durchzulaufen

gedenkt.


Hier die Stones, dort AC/DC, Van Halen und Konsorten, dort Guggemusik,

die Symbadische Senfoniker, der Musikverein Stetten oder Slainte mit

Irish Folk – selbst Freiburgs sportlicher Oberbürgermeister Dr. Dieter

Salomon war rasch im Lauffieber angesichts der mitreißenden

Musikpalette an seiner Dienststelle. Wie fit sich das Freiburger

Stadtoberhaupt präsentierte, mag an dem imaginären Duell mit

Assistenz-Bundestrainer Joachim „Jogi“ Löw zu erkennen sein, das er um

Längen, sprich zwanzig Minuten Vorsprung mit einer eigenen Leistung

knapp über der Zwei-Stunden-Marke klar für sich entscheiden konnte.


Freiburg erlebte auch das Aufeinandertreffen der beiden großen

Langstreckler der Neunziger, nämlich das von Dieter Baumann und

Stéphane Franke. Doch die Zeiten der Laufduelle der einstigen Rivalen

sind längst vorbei. Der 5000 m-Olympiasieger von 1992 begleitete als

Motivator und laufender Reporter das SWR-Projekt „Von Null auf 42“ beim

30 km-Lauf, während der heutige Buchautor und Eurosport-Kommentator

„einfach einmal ohne Druck“ die Halbdistanz mitjoggen wollte.


Die sportlichen Resultate beim Freiburg-Marathon müssen hingegen unter

anderen Maßstäben bewertet werden. Der interessante, äußerst

abwechslungsreiche Kurs durch die südbadische Universitätsstadt ist

nicht für schnelle Zeiten ausgelegt, denn viele Kehren und Kanten

bremsen wie auch die stetigen Steigungen und Gefällstücke oder das

Kopfsteinpflaster im Altstadtbereich das Renntempo. Raum jedoch

genügend für die „local heroes“ wie den angehenden Lehramtsreferendar

Max Frei, der sich nach seinem Halbmarathonerfolg im Vorjahr nun den

Marathonsieg „gönnte“. Ein Heimspiel, viermal an seiner Wohnungstür

entlang, in 2:27:41 Stunden. Ein Sieg mit Ansage, denn das

Berglauf-Nationalteammitglied, wollte „einfach nur gewinnen“. Ein

Gefühl wie in Alpe d’Huez lernte der leidenschaftliche

Landschaftsläufer live in seiner Heimatstadt kennen. Vorjahressieger

Ulrich Benz hatte gegen den geplanten Angriff in der

Kaiser-Josephs-Straße nichts entgegen zu setzen und musste sogar noch

Michael Sailer Rang zwei überlassen.


Überrascht war hingegen Vorjahressiegerin Birgit Bartels von ihrer

eigenen Leistungsfähigkeit, denn die 35jährige Diplom-Sportlehrerin war

erst vor wenigen Tagen von einem 3 500 km langen Laufabenteuer auf

Inka-Trails in den Anden zurückgekehrt und durfte sich mit einer

Endzeit knapp unter drei Stunden wiederum als Siegerin wieder feiern

lassen.


Auf das Renntempo beim in vierzehn Tagen startenden Hamburg-Marathon

wollten sich Martin Beckmann und Jeannette Vrga schon einmal in

Freiburg einpendeln, was beiden auch in scheinbar spielerischer

Leichtigkeit gelang. Der Schwabe zog schon an der blauen Brücke

unwiderstehlich dem für die TSG Heilbronn startenden Freiburger

Jonathan Post auf und davon und wurde ähnlich enthusiastisch wie wenig

später die gebürtige Kroatin mit Geburtsort Darmstadt gefeiert, die

nach 19 km die bislang souverän führenden Schweizerin Bernadette

Meier-Brändle an der Spitze ablösen konnte.


Wilfried Raatz   


Ergebnisse:

Marathon

Männer: 1. Max Frei (USC Freiburg) 2:27:41, 2. Michael Sailer

(Neuburg) 2:28:19, 3. Ulrich Benz (LG Brandenkopf) 2:29:27, 4. Rubel

Welsch (PTSV Jahn Freiburg) 2:31:13, 5. Harald Feierabend (Teamsport

Evolution) 2:32:47, 6. Frank Brengartner (Pfaffenweiler) 2:39:19.

Frauen: 1. Birgit Bartels (SV Kirchzarten) 2:59:35, 2. Annette Götz (SV

Kirchzarten) 3:00:30,  3. Ute Philippi (Aichelberg) 3:12:09, 4.

Martin Liebendörfer (Böblingen) 3:13:53, 5. Katja Friedländer (TV

Großostheim) 3:14:57, 6. Anja Strohe (Heusweiler) 3:15:41.


Halbmarathon

Männer: 1. Martin Beckmann (LG Leinfelden-Echterdingen) 1:06:39,

2. Jonathan Post (TSG Heilbronn) 1:08:25, 3. Urs Schönholzer (SUI)

1:10:40, 4. Milos Kratochvil (CZE) 1:13:06, 5. Alexander Scherl (SF

Friedberg) 1:14:28, 6. Paulo Magalhaes (POR) 1:15:25.

Frauen: 1. Jeannette Vrga (ASC Darmstadt) 1:18:47, 2. Bernadette

Meier-Brändle (SUI) 1:19:43, 3. Beatrice Egger (SUI) 1:21:15, 4. Maja

Pliska (SUI) 1:23:27, 5. Chrissy Schmidt (TV Gundelfingen) 1:23:43, 6.

Eva Scheu (Team Bock) 1:27:09.