Nach 3500 Laufkilometern in Südamerika ist am vergangenen Wochenende
der härteste Staffellauf der Welt auf uralten Inkapfaden
erfolgreich zu Ende gegangen. Die sieben Inkatrail-Läufer Birgit
Bartels (35, Freiburg), Carsten (37) und Marc von Kuk (35, beide
Bergisch Gladbach), Markus de Marées (38, Wuppertal), Sven Schultz (25,
Heiligenhaus) und Hermann Ulrich (36, Königswinter) und Frank Hülsemann (33, Köln) kehrten wohlbehalten nach Deutschland zurück.
Innerhalb von vier Wochen 3.500 Kilometer in Höhen bis zu 4.500
Metern laufen – das klingt nach einer enormen physischen Belastung.
Aber rein läuferisch stellte das Projekt Inkatrail die Teilnehmer vor
keine unlösbaren Schwierigkeiten. Trotz der großen Höhen der
Andenpässe, extremen klimatischen Bedingungen in der Atacama, der
trockensten Wüste der Welt, und den langen Laufstrecken blieb das Team
von gesundheitlichen Problemen verschont. „Die Läufer waren extrem gut
vorbereitet. Das hat sich ausgezahlt. Es sind keine Symptome von
Höhenkrankheit aufgetreten“, erklärt Markus de Marées,
der als Arzt mitgelaufen ist und gleichzeitig für die medizinische
Betreuung der Staffel zuständig war.
Unterwegs wurden Urin- und Blutproben der Läufer gesammelt, die in
den nächsten Wochen vom Institut für Biochemie sowie dem für Trainings-
und Bewegungslehre an der Deutschen Sporthochschule in Köln ausgewertet
werden. Von den Untersuchungen erhoffen sich die Wissenschaftler
Erkenntnisse über die Auswirkungen extremer Ausdauerleistungen in
großer Höhe auf den menschlichen Organismus.
„Die größte Herausforderung war die Logistik“, meint
Organisator
Frank Hülsemann, der die Idee zu dem einmaligen Projekt hatte,
bei
dem sich die Läufer auf die Spuren der Läuferboten der Inkas begaben, die im 15. Jahrhundert Nachrichten an einem Tag bis zu
380 Kilometer weit übermittelt haben sollen. „Indem wir als Staffel mit
der Ausrüstung des 21. Jahrhunderts die Strecken nachgelaufen sind, auf
denen vor 600 Jahren die Läuferboten der Inkas Nachrichten aus allen
Teilen des Reiches in die Hauptstadt Cusco übermittelt haben, konnten
wir überprüfen, inwieweit die Angaben der Historiker zu den Leistungen
der Inka-Läufer realistisch sind“, erklärt Frank Hülsemann. Noch nie
zuvor ist ein so langer Abschnitt des ehemaligen Inkastraßennetzes von
Läufern absolviert worden. Die sieben Läufer haben als Staffel zwischen
30 und 200 Kilometer am Tag zurückgelegt. Die erhebliche Differenz
wurde durch die extrem unterschiedlichen Topographien verursacht, mit
denen die Läufer in Chile, Bolivien, Peru und Ecuador zurechtkommen
mussten.
„Auf
der Hochebene Altiplano in Bolivien kamen wir sehr gut voran, in den
zerklüfteten peruanischen Anden haben wir viel weniger Kilometer
geschafft, als wir uns ursprünglich vorgenommen hatten“, sagt
Hülsemann. Tiefe Schluchten und reißende Flüsse zwangen die Athleten
mehrfach zu Änderungen der Route. „Meistens waren das Problem aber
weniger die Läufer als die Begleitfahrzeuge, die große Umwege zu den
vereinbarten Treffpunkten fahren mussten und mehr als einmal im Schlamm
stecken geblieben sind“, meint der erfahrene Extremsportler, der vor Inkatrail bereits mit dem Mountainbike auf
der alten Seidenstraße von China bis Istanbul gefahren ist und
die Mongolei
durchquert hat.
Bei Inkatrail haben sich die Läufer zum Staffelwechsel
getroffen, indem sie mit handlichen GPS-Geräten der Firma
Alan-Electronics vorher vereinbarte, durch Längen- und Breitengrad
bestimmte Punkte ansteuerten. „Das ist die einzige Möglichkeit, in
völlig unbekanntem Gebiet Treffpunkte zu vereinbaren und zu finden, an
denen Staffelwechsel vollzogen und Nachtlager aufgeschlagen werden
können“, erklärt Frank Hülsemann, dem die Idee zu Inkatrail beim Lesen
historischer Bücher über das Läuferboten-System der Inkas gekommen ist.
Die Inkatrail-Teilnehmer mussten sich in
Südamerika neben dem Laufen auch um die gesamte Logistik – vom Fahren
der Begleitwagen über das Aufbauen der Nachtlager bis zum Zubereiten
der Mahlzeiten – selbst kümmern. Dabei versorgten sich die Läufer auf
den Märkten in Städten und Dörfern. Um darüber hinaus die sportgerechte
Ernährung sicherzustellen, wurden die Inkatrail-Athleten mit
Energieriegeln und Sportgetränken versorgt.