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Todesfälle im Ausdauersport

Todesfälle bei Marathonläufen sind absolut tragische

Zwischenfälle. Sie rufen bei Läufern und in der Öffentlichkeit,

insbesondere bei den Medien erhebliche Unsicherheiten hervor. Den Veranstaltern

darf diese Problematik nicht gleichgültig sein. Eine Stellungnahme ist

immer wieder erforderlich.

Die Frage, die sich auftut: "Ist Marathonlaufen per se schädlich

oder liegt ein tödliches Risiko in einem solchen Sport?" Die Analyse

der weltweit durchgeführten großen Veranstaltungen zeigt, dass

gesunde Läufer, die während ihres Laufes ausreichend Flüssigkeit

zuführen keine Gefährdung durch den Marathon erfahren. Das Risiko

einer bedrohlichen oder tödlichen Komplikation ist außerordentlich

gering. Insgesamt ergibt sich aus der Analyse aller weltweiten

Marathonläufe während eines Marathonlaufes keine erhöhte

Sterblichkeit gegenüber der Sterblichkeitswahrscheinlichkeit im normalen

"Leben".

Todesfälle während oder nach einem Marathonlauf sind in allen

Untersuchungen weltweit auf vorbestehende Erkrankungen, erkannt oder nicht

erkannt, oder auf mangelnde Flüssigkeitszufuhr während des Laufes

zurückzuführen. Letzteres ist immer durch ausreichendes Trinken

während des Laufes zu vermeiden. Bezüglich der Erkrankungen werden

Warnhinweise und notwendige Kontrolluntersuchungen häufig ignoriert und

nicht durchgeführt. Vielen schweren Zwischenfällen der letzten Jahre

lagen Infekte in der Zeit vor dem Lauf zugrunde. Derartige scheinbar nur

harmlose Infektionen der oberen Luftwege oder in anderen Körpersegmenten

können zu einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) führen, wenn

während des Infektes weiter trainiert wird. Insbesondere bei Infekten, die

mit länger anhaltendem Fieber einhergehen, kann es auch vermehrt zu

Herzrhythmusstörungen kommen, welche bei körperlicher Belastung zum

Tode führen können. Der Mechanismus ist vereinfacht so darzustellen,

dass es unter der fieberhaften Entzündung zu einer Verdickung bzw.

Aufquellung der Herzmuskelfaser und ihres umhüllenden Gewebes kommen kann.

Durch diese Verdickung ist der Sauerstofftransport aus den Herzmuskel

versorgenden Kapillaren in die Muskelzelle verlangsamt. Diese Verlangsamung

liegt in dem längeren Transportweg begründet und führt bei hoher

Belastung zwangsläufig zum Abbruch der Versorgungskette im Herzmuskel

selbst. Dieses kann schlagartig ohne Vorzeichen eintreten und damit eine

lebensbedrohliche oder sogar tödliche Herzrhythmusstörung

auslösen.

Nach bisherigen Berichten ist wohl der aktuelle Todesfall eines

jüngeren Läufers beim Hamburg-Marathon auf einen ähnlichen

Mechanismus zurückzuführen. In diesem Fall handelte es sich

möglicherweise um eine nicht abgeklungene Bronchitis. Da aber eine genaue

Todesursache nicht bekannt ist, sind weiterführende Äußerungen

nur Spekulation und sollten nicht getätigt werden.

Als weitere Ursache kommen, wenn auch seltener, Durchblutungsstörungen

des Herzens, die ebenfalls nicht erkannt werden, in Frage. Jeder, der in der

Familie ein gehäuftes Auftreten zu verzeichnen hat und selbst ein hohes

Risiko, z.B. Tabakrauchen, in der Vergangenheit gepflegt hat, kann aber durch

geeignete Untersuchungen eine Gefährdung ausklammern.

Der aktuelle Todesfall beim Hamburg-Marathon sollte noch einmal Anlaß

sein, die eigene Vorbereitung zu überdenken:

1. Anfänger sollten sich vor Aufnahme des Marathon-Trainings von einem

sportmedizinisch kompetenten Arzt untersuchen lassen. Hierbei sollten neben der

ärztlichen Untersuchung auch ein Laborbefund, ein Ruhe- und Belastungs-EKG

sowie die Messung des Ruhe- und Belastungsblutdrucks durchgeführt werden.

Des weiteren ist auch eine Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung des

Herzens) zu empfehlen. Erst wenn aus sportmedizinischer Sicht Sporttauglichkeit

attestiert wird, sollte das Training forciert werden.

2. Mindestens 1 x pro Jahr sollte ein sportmedizinischer Check-up erfolgen.

Die letzte Untersuchung sollte nicht länger als 6 Monate vor dem lauf

zurückliegen.

3. Mindestens 2 x pro Jahr ist eine zahnärztliche Untersuchung zu

fordern.

4. Trainiere nie während eines Infektes. Insbesondere dann nicht, wenn

Fieber besteht. Ein Trainingseffekt während des Infektes stellt sich

sowieso nicht ein.

5. Im Anschluß an einen überstandenen Infekt sollte vor

Wiederaufnahme des Trainings ein Sportmediziner bezüglich der aktuellen

Sporttauglichkeit gefragt werden. Hierbei kann auch untersucht werden, ob noch

Entzündungszeichen im Blut vorliegen. Wettkämpfe sollten im

unmittelbaren Anschluß an einen Infekt nicht durchgeführt

werden.

6. Treten unmittelbar vor dem Marathon Infektzeichen auf (Halsschmerzen,

Husten, Schnupfen) sollte schweren Herzens auf das Rennen verzichtet werden, um

sich nicht zu gefährden. Auf jeden Fall sollte ein Arzt aufgesucht werden

und es sollten entscheidende Entzündungsparameter aus dem Blut gewonnen

werden und zur abschließenden Beurteilung herangezogen werden.

7. Bei längeren Trainingsläufen sollte spätestens ab der 45.

bis 60. Minute und dann fortlaufend in regelmäßigen Abständen

getrunken werden.

Obige Punkte vermindern das Risiko für schwere Zwischenfälle und

mögliche Todesfälle. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine

absolute Sicherheit nicht existiert, z.B. angeborene Mißbildungen der

Gefäße zwar nur selten bestehen, aber auch zu schweren

Komplikationen führen können.

Der Laufsport ist in seiner gesundheitlichen Bedeutung so positiv zu

bewerten, dass die weltweit aufgezeigten Todesfälle oder Komplikationen in

keinem Verhältnis zu den positiven Wirkungen dieser Sportart stehen.

Dr. med. Willi Heepe

Dr. med. Lars Brechtel

Medical-Team des real,-BERLIN-MARATHON